Nichts ist spannender als das Leben selbst

Liebevolle, warme Augen schauen mich an. Keine Stimme kommt aus ihrem Mund. Ich halte ihre Hand. Wir reden mit unseren Augen, die sich verstehen. Das geht eine ganze Weile so, denn diese Frau kann nicht mehr sprechen und liegt im Sterben.

 In dieser Stille schallt eine fordernde Stimme in den Raum:  „Marianne Bettenmachen!“ Sanft drücke ich die Hand der sterbenden Frau und mit einem harten Schlag die Tür zum Krankenhaus zu –  für immer.

Warum habe ich nicht schon vorher festgestellt, dass ich für Routinearbeiten überhaupt nicht geeignet bin? Wie gerne hätte ich gewusst, was in dieser Frau vor sich ging. Was hat sie gedacht oder gefühlt  mit dem Wissen, dass sie bald sterben wird? Was für ein Schicksal sie hinter sich hat.

So viele Menschen verstecken sich und trauen sich nicht, über sich selbst zu erzählen oder kennen sich gar nicht. Mich macht das traurig. Im Grunde wollen wir doch die Menschen besser kennenlernen und nicht nur das, was sie sagen, was sich oft nur an der Oberfläche bewegt. Bei mir war das schon immer so, dass ich mich für die Hintergründe interessiere und wissen will, was in den Leuten wirklich vorgeht, was sie wirklich fühlen. Das ist so interessant, dass es ein Entwicklungsroman oder ein Melodram oder auch eine glückliche Geschichte werden könnte. Ich wünsche allen, dass sie Freunde haben, die sie besser kennenlernen und sich auch über tiefliegende Dinge unterhalten können oder eben selbst über ihr Leben schreiben. Für mich ist es zur Leidenschaft geworden, das Leben mit allen und Höhen und Tiefen und den inneren Vorgängen aufzuschreiben – nichts ist spanender als das Leben selbst.

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